Datenanalyse bestätigt den Verdacht: Stellwerke massiv unterbesetzt

Von Mitte August 2023 bis zum 01. Januar 2024 waren in ganz Deutschland mindestens 2594 Stunden die Stellwerke nicht besetzt. Umgerechnet ergeben sich so 108 volle Tage, in denen auf betroffenen Strecken kein Schienenverkehr möglich war. Die Dunkelziffer liegt sicherlich noch höher. Der Grund für die anhaltenden Probleme: Fortwährender Personalmangel, der von der DB InfraGO (vorher DB Netz) nicht behoben wurde, obwohl das Thema seit Jahren bekannt ist.

Über die vergangenen Monate sammelten und analysierten wir über 400 Meldungen von Eisenbahnverkehrsunternehmen zu nicht besetzten Stellwerken. Dabei wurde offensichtlich, dass die DB InfraGO ihrer gesetzlichen Pflicht, eine funktionierende Schieneninfrastruktur bereitzustellen, nicht nachkommt. Das führt zunächst zu Strecken, die regelmäßig nicht befahren werden können, weil kein Personal da ist, die Züge zu „leiten“. Im zweiten Schritt resultieren aus diesen ausgefallenen Zügen im Personen- und Güterverkehr hohe wirtschaftliche Schäden, unzufriedene Fahrgäste und Verspätungen in den Lieferketten. Das negative Image für die Branche ist absehbar, die Straße wird als zuverlässiger wahrgenommen. Im Personenverkehr bedeutet das, dass Menschen lieber mit dem Auto als mit dem Zug fahren, im Güterverkehr werden Waren, die auch auf der Schiene transportiert werden könnten, stattdessen mit dutzenden Lkw gefahren, die eine deutlich schlechtere CO2-Bilanz aufweisen. Ein Güterzug ersetzt bis zu 52 Lkw.

Besonders stark betroffen ist die Strecke zwischen Halle und Cottbus. Seit September waren dort für mindestens 317 Stunden Stellwerke auf Grund von Personalmangel unterbesetzt. Auf überregionaler Ebene stellte sich heraus, dass der Regionalbereich Mitte (d. h. Hessen und Teile von Rheinland-Pfalz) ein besonderer Hotspot für Ausfälle ist. Dies ist besonders dramatisch, da ein großer Teil des Verkehrs hier langführt.

Obwohl der Infrastrukturbetreiber seit Jahren Besserung gelobt, konnte das Problem nicht nachhaltig gelöst werden. Groß angekündigte Maßnahmen der vergangenen Jahre haben stets nur zu einer – wenn überhaupt – kurzfristigen Verbesserung der Lage geführt. Mangelhafte Organisation, der Modernisierungsrückstand und fehlende Mitarbeiter:innenbindung trotz steigender Personalkosten scheinen unbeachtet verbaler Beteuerungen nicht ausreichend behoben worden zu sein.

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