Die „kleine Bahnreform“ wird wohl keine wirksamen Veränderungen bringen

Einem Bericht des Tagesspiegel zufolge (Wüpper, 25. September 2023) soll es in Sachen gemeinwohlorientierte Infrastrukturgesellschaft in dieser Legislaturperiode nur zwei Änderungen geben: 45 Milliarden Euro zusätzliche Mittel bis 2027 und die Verschmelzung von DB Netz und DB Station&Service. Die Zusammenlegung soll auf der Aufsichtsratssitzung der DB am 27. September beschlossen werden. Weitere Meilensteine, wie wirksame Transparenzkriterien, ein Verzicht auf Gewinn, Diskriminierungsfreiheit, verbindlich festgelegte Ziele und die effektive behördliche Begleitung der Gesellschaft, bleiben wohl auf der Strecke. Mit diesem Ergebnis hätten sich DB und EVG durchgesetzt, lediglich mehr Geld (und in diesem Fall sehr viel Geld) zu bekommen, ohne es an wirkungsvolle Bedingungen zur Verbesserung der Betriebsqualität zu koppeln.

Es ist unklar, inwiefern diese Lösung gemeinwohlorientierter sein soll als die getrennte Version der beiden Aktiengesellschaften zuvor. Erkennbare Vorteile an diesem Modell der Minimalveränderung sind rar – letztlich werden Absprachen erleichtert und der vom Bundesverkehrsminister Volker Wissing anvisierte Starttermin, 01. Januar 2024, beibehalten. Auf letzteres hätten einige Branchenvertreter:innen gern für eine weitreichendere Reform verzichtet.

Weiterhin in der ausschließlich gewinnorientierten Rechtsform der Aktiengesellschaft agieren zu wollen, stellt eine unzureichend diskutierte Vorfestlegung dar, in die die Branche nur unzureichend eingebunden wurde.

Die Verbände des Bahnsektors haben im Versprechen der Ampel-Koalition nach einer gemeinwohlorientierten Infrastrukturgesellschaft die Chance gesehen, die Rollenverteilung zwischen dem Bund als Eigentümer und der neuen Infrastruktursparte klar zu regeln, die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Schienennetzes zu verbessern, die Schieneninfrastruktur stärker an den Nutzerinteressen auszurichten und die Entwicklung der Schieneninfrastruktur konsequenter mit den verkehrs- und klimapolitischen Zielen zu verzahnen. Dazu stand eine GmbH als Rechtsform ebenfalls im Raum, um dem BMDV stärkere Weisungsrechte zu ermöglichen. Doch nun soll die DB AG weiterhin weisungsbefugt gegenüber der InfraGO bleiben, sodass sich die Befugnisse und Entscheidungswege nicht merklich verändern. Dass sich der Aufsichtsrat gegebenenfalls über das Votum der DB AG hinwegsetzen kann, erzeugt eher ineffiziente Strukturen, die eine zügige und eigenständige Gemeinwohlausrichtung behindern. Konkrete Vorgaben vom Gesetzgeber und der Regierung im Austausch mit der Branche werden so nicht das Mittel der Wahl.

Worst case wäre, wenn die offenen Fragen vertagt werden und das Thema am Ende vielleicht sogar zur Wahlkampfmasse gemacht würde – es wären weitere vier Jahre, um die eine durchgreifende Reform verzögert wurde. Abhängig von der Regierung, die sich nach den Bundestagswahlen 2025 bildet, könnte sich das vierjährige window of opportunity dieser Legislaturperiode wieder verschließen.

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