DB Netz-Zentrale in Frankfurt (fotografiert aus dem Zug)

Was ihre Kunden über die DB InfraGO AG sagen – Zwischenbilanz nach acht Monaten – erstmalige Veröffentlichung der qualitativen Bewertungen

Die Bahnverbände mofair e.V. und DIE GÜTERBAHNEN haben acht Monate nach Gründung der DB InfraGO AG eine Abfrage unter ihren Mitgliedern gestartet, inwiefern sich die Situation im Jahr 2024 verändert hat. Das traurige Fazit: Kaum ein Eisenbahnverkehrsunternehmen findet Verbesserungen, viele geben sogar an, dass sich die Situation verschlechtert hat – erkennen aber die Leistungen der Mitarbeitenden in den Betriebsstellen an, die oft gar keine Schuld an Problemen tragen.

Abb. InfraGO 03: Zwischenbilanz DIE GÜTERBAHNEN, mofair, PRO BAHN, VPI, 03. September 2024 (alle Umfrageergebnisse abrufen)

In den vergangenen Monaten hat sich zudem eine immer größere Lücke aufgetan zwischen der Leistung, die die DB InfraGO erbringt und den Preisen, die die EVU zahlen müssen. Der Netzzustand wird noch immer schlechter, gleichzeitig könnten die Trassengebühren in den kommenden Jahren massiv steigen (vor allem im Güter- und Fernverkehr). Das liegt daran, dass die Bundesregierung statt Baukostenzuschüssen im Haushalt eine Eigenkapitalerhöhung für den DB-Konzern vorsieht – diese geht nämlich an der Schuldenbremse vorbei. Explodierende Trassenpreise passen allerdings so gar nicht zur angestrebten Gemeinwohlorientierung des Infrastrukturbetreibers. In Folge befürchten die EVU, dass sie Verkehre einstellen müssen, da sie ihren Kund:innen keine attraktiven Preise mehr anbieten können. Dabei wäre mehr klimaschädlicher Straßenverkehr das Gegenteil von Gemeinwohl.

Als Reaktion auf dieses eindeutige Fazit forderten die Verbände mofair, VPI – Verband der Güterwagenhalter in Deutschland, der Fahrgastverband PRO BAHN und DIE GÜTERBAHNEN am 3. September in Berlin, den Versuch einer InfraGO innerhalb des DB Konzerns abzubrechen. Die strikte Herauslösung des Infrastrukturbetreibers aus dem DB-Konzern scheint für das Verbändebündnis unverzichtbar. Interessenskonflikte, DB-interne Jobwechsel (zum Beispiel aus der InfraGO zur DB Fernverkehr, mit den damit verbundenen Informationsvorteilen gegenüber privaten Verkehrsunternehmen) und die Notwendigkeit zur Gewinnmaximierung, die innerhalb des Konzerns scheinbar nicht in den Griff zu kriegen sind, stehen der Gemeinwohlorientierung diametral entgegen. Hinzu kommt, dass das Verkehrsministerium aufgrund der eigenen Strukturen kaum Durchgriffskraft im DB-Konzern hat, sodass die zuvor aufgelisteten Probleme (noch) nicht durch staatliche Kontrolle und Steuerung gebändigt werden können, so die Verbände.

Bisher nicht veröffentlicht wurden qualitative Rückmeldungen (hier anonymisiert), um die die befragten Unternehmen im Rahmen der Meinungsumfrage in KW 36 gebeten wurden:

„Ansprechpartner vor Ort überfordert mit unausgegorenen Projekten aus der Zentrale“
„Der Wechsel hat bis jetzt, unabhängig von der erhöhten Anzahl von MS Teams-Einladungen, nichts bewirkt. Verfügbare APS-Gleise werden wegen der Hochleistungskorridor-Arbeiten immer weniger; Stellwerke sind immer weniger besetzt, FPLO werden noch immer nicht zeitnah versendet, Baustellenkommunikation speziell BZ Südwest ist immer noch ein Alptraum.“
„Anerkennung, dass Mitarbeitende auch unter "widrigsten" Umständen das Beste erreichen wollen“
„mehr Offenheit; aber auch: InfraGO bezeichnet Angehörige der Nicht-DB-Bahnen als "Wettbewerber"“
„keine Verbesserung im Zusammenspiel Netz-Stationen; IH-Container der Branche übergestülpt“
„Außer neuen Schildern am Gebäude und der Signatur gab und gibt es keine signifikante Verbesserung. Weder Qualität noch Kapazität haben sich in den wenigen Monaten verbessert. Hier sollte man zur Ehrenrettung der DB InfraGO allerdings auch sagen, dass dies ziemlich vermessen gewesen wäre, wenn man eine solche Erwartung gehabt hätte.

Das bringt mich zum Punkt Gesamtzufriedenheit der Etablierung der InfraGO. Mir ist der Name des Infrastrukturbetreibers egal. Man hätte als gemeinwohlorientierte Gesellschaft auch als DB Netz am Markt auftreten können. Für mich final noch nicht geklärt, wie man dieses „Gemeinwohl“ definiert. Die Satzung der InfraGO ist ein nettes Schriftstück, kann aber, zumindest bei der gewählten Rechtsform, im direkten Widerspruch zu den rechtlichen Anforderungen einer Kapitalgesellschaft stehen. Deutlich erkennt man diesen Zielkonflikt bei der jetzt durchgeführten Erhöhung des Eigenkapitals.

Inwieweit die InfraGO alle Kunden gleichwertig behandelt, bei einer integrierten Konzernstruktur, kann man schlecht einschätzen. Es gibt Momente, wo man mit Sicherheit ein Gefühl in diese Richtung entwickeln kann. Zumindest sind die Kundenbetreuer offen für unsere Anliegen“
„InfraGO hat Blick auf das Gesamtsystem verloren und optimiert sich allein nach internen Zielen“
„intransparente interne Organisation erschwert Ursachenforschung“
„Prozessoptimierung und kundenorientiertes Handeln ist dringend notwendig“
„Bemühungen um Verbesserung erkennbar, aber zu wenig Abgleich zwischen zentralen Planungen und der Lage vor Ort"
"fehlende Stellwerksbesetzungen, willkürliche Disposition, mangelnde Abstimmung, hoher Eigenbedarf der InfraGO"
"chaotische Baustellenbearbeitung, fehlende internationale Abstimmung"

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